Oder: weshalb Leseprofis keine Gleitsichtbrillen mögen
In den meisten Unternehmen wenden die Mitarbeiter rund ein Viertel ihrer Arbeitszeit für die Erfassung schriftlicher Informationen auf. Tag für Tag lesen wir im beruflichen Umfeld eineinhalb bis zwei Stunden. Ob Akten, Berichte, E-Mails, Konzepte, Fachzeitschriften, Internetseiten: Das Wichtige muss selektiert und erfasst werden. Nur so können auf einer fundierten Grundlage durchdachte Entscheidungen getroffen werden.
Damit ist Lesen eines der wichtigsten Effizienzpotentiale in Unternehmen und Organisationen. Schon eine 25% höhere Leseeffizienz bedeutet einen Gewinn von mehr als 15 Arbeitstagen pro Jahr!
Die Informationsflut steigt jedes Jahr um 30%. Nur Lesetechniken, die die investierte Zeit bei gleichem oder besserem Verständnis nachhaltig senken, können diese Flut beherrschbar machen.
Vorstände und Führungskräfte sind hier besonders betroffen. Sie wissen aber auch, dass effektives Lesen nicht heißt, der eigenen „inneren Stimme“ zuzuhören (Subvokalisation), sondern sinnerfassend in Wortgruppen den Text „abzutasten“, um das Gesehene direkt zu verstehen – ohne den Umweg über die eigene Stimme nehmen zu müssen. Diese Methode erhöht das Tempo um ein Vielfaches, und verbessert sogar das Verständnis für den Inhalt.
Beweise dafür liefern zahlreiche Leser selbst, z.B. durch Auswertungen, die in unseren BrainRead®-Lesetrainings durchgeführt werden, um sowohl Lesegeschwindigkeit als auch Leseverständnis abzufragen. Das Lesetempo steigt durchschnittlich um das Doppelte bis Dreifache und das Leseverständnis um 25%!
Diese effektive Form zu lesen bedeutet aber auch, dass das Auge zum Lesen und Verstehen von Texten nicht Wort für Wort den Text erfasst, sondern ganze sinnerfassende Textbrocken (Englisch: chunks) abtastet. Oder anders ausgedrückt: es betreibt „chunking“. Chunking führt aber auch dazu, dass der Leser mit den Augen schnellere Bewegungen von links nach rechts – in s.g. Sakkaden – durchführt.
Chunking setzt also ein klares Sichtfeld in voller Breite voraus, und damit können Gleitsichtbrillen eben nicht dienen!
Gleitsichtbrillen bieten im s. g. Nahbereich am unteren Ende des Brillenglases ein nur sehr beschränktes Sichtfeld zum Lesen an. Dadurch wird chunking und somit das effektive Lesen sehr beeinträchtigt, weil der Leser mit seiner Augenbewegung im Sichtfeld seiner Gleitsichtbrille kein Auslangen findet und nur mit mühsamen Kopfbewegungen mithalten kann!
Gleitsichtbrillen eignen sich daher definitiv nicht für Profi-Leser – wohl ein Grund dafür, warum so viele Vorstände und andere Profi-Leser eher Lesebrillen tragen, die für chunking besser geeignet sind.
Über den Autor Göran Askeljung
Prof. (op) Göran Askeljung – BcEE, ist Business Trainer bei askeljung.com und Geschäftsführer und Senior Trainer bei immediate effects. Seit 2016 ist Göran Askeljung auch Certified Facilitator und Associate von Consensus in NY, und leitet Consensus Austria und Germany. Als Professor of Practise (op) am Georgian School of Management (GSOM) leitet er das Institut für Sales and Negotiations. Er ist Vorstandsmitglied in der Schwedischen Handelskammer in Österreich und Mitglied des Beirats von Wirtschaftsforum der Führungskräfte (WdF). Göran ist auch als Trainer, Coach und Consultant für Consensus Group (NY, US), The Forum Corporation (UK), eBda (Fr) undNapier Training Associates (UK) tätig. Er ist zertifiziert im Solution Selling® von der SPI University in USA. Seine Arbeit umfasste Tätigkeiten als Trainer und Coach für Produktivität, Verkauf, Vertriebsmanagement, Key-Account Management, Lösungsvertrieb, Verhandlungstaktik, Verhandlungsführung, Rhetorik und Präsentationen. Göran wurde 1967 in Schweden geboren und lebt seit 1990 in Wien. Er spricht fließend Deutsch, Englisch und Schwedisch. Lebenslauf und Werdegang: Oxford Encyclopedia | LinkedIn | XING
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