So üben Sie selbstbewußt “Nein” zu sagen

Im richtigen Augenblick mit den richtigen Worten “nein” zu sagen ist eine Kunst, die für unsere Ausgeglichenheit enorm wichtig ist. Dabei spreche ich nicht vom automatisierten Ablehnen, sondern vom gut überlegten “Nein”, um unsere eigenen Grenzen und Bedürfnisse zu schützen.

Sie möchten gerne öfters “nein” sagen? Nein, wenn der Kollege schon wieder bittet, ihm etwas abzunehmen. Nein, wenn mal wieder ein Termin viel zu knapp festgesetzt wird. Nein zu der x-ten Besprechung zum gleichen Thema. Nein zu Überstunden. Nein, wenn am Wochenende eine SMS mit einer Frage vom Chef kommt.

Als erstes dürfen Sie sich von der Vorstellung verabschieden, dass man mit jedem “Ja” Punkte auf dem Konto der Beliebtheit sammelt. Und mit jedem “Nein” Ihre Unbeliebtheit wächst. Koppeln Sie unbedingt das eine vom anderen ab. Ihre Beliebtheit als zuverlässiger, hilfsbereiter und verantwortungsvoller Kollege oder Kollegin wächst nicht, je öfter Sie Ihre persönliche Grenze überschreiten. Für viele gehört es zum Training, die eigenen Grenzen überhaupt erstmal kennenzulernen. Denn: wenn Sie Ihre eigenen Grenzen nicht kennen, kann sie auch niemand sonst respektieren. Ich empfehle dabei gerade zu Beginn, auf den Bauch zu hören. Ein ungutes Gefühl sollte für Sie ein Signal sein. Sie müssen ja nicht gleich ein “Nein” rausschießen. Aber nehmen Sie sich Zeit, erstmal nachzudenken:

  • kann ich es zeitlich schaffen?
  • bin ich dafür die richtige Person?
  • würden meine Kernaufgaben unter der zusätzlichen Aufgabe leiden?
  • wird mein Privatleben nachhaltig darunter leiden?

Gewöhnen Sie sich an zu sagen, dass Sie darüber nachdenken und sich bis zu einem bestimmten Termin melden werden. Eventuell hat sich bis dahin die Angelegenheit auch schon erledigt. Nein sagen Tipps

Stärken Sie sich selbst

Zunächst ist es hilfreich, Ihr Selbstbild ein wenig zu justieren. Schauen Sie sich Kollegen und Kolleginnen an, die bereits das beherrschen, was Sie können möchten: freundlich und selbstbewußt “nein” sagen. Der Psychotherapeut Dr. Rolf Merkle hat dazu einen sehr guten Artikel geschrieben. Er zeigt z.B. auf, welche manipulativen Fragen Sie hellhörig machen sollten, was Sie gewinnen (aber auch was Sie verlieren) wenn Sie öfter “nein” sagen.

  1. Ich mag folgende Methode gerne, wenn ich etwas übe, was mir schwerfällt: So tun als ob. Ich tue also so, als ob ich schon die Eigenschaft hätte. Manchmal stelle ich mir sogar vor, ich wäre mein Vorbild. Mir hilft das dabei, gar nicht erst ins Grübeln zu kommen. Vor allem die Frage, ob mein Verhalten vielleicht komisch auf den anderen wirken könnte, stelle ich mir dann nicht mehr. Stoße ich jemanden vielleicht vor den Kopf oder enttäusche eine Erwartung? Ja, vielleicht tue ich das. Aber ein Großteil der Reaktion meines Gegenübers, hängt auch von ihm oder ihr selbst ab. Ich habe darauf so oder so keinen Einfluß.
  2. Überlegen Sie, was Sie noch zu einem liebenswerten, geschätzten Kollegen oder Kollegin macht. Das macht Sie unabhängiger, vom Drang, immer sofort “Hier” zu rufen.
  3. Üben Sie in Situationen, die für Sie ungefährlich sind. Jedes bestimmt und freundlich vorgebrachte Nein, stärkt Ihren Muskel.
  4. Entschuldigen Sie sich nicht. Wenn Sie sich entschuldigen, signalisieren Sie, dass Sie mit Ihrer Ablehnung eigentlich einen Fehler machen. Sagen Sie höchstens “Es tut mir leid, aber ich kann das nicht übernehmen, weil….” Aber auch wirklich nur, wenn es Ihnen tatsächlich leid tut, eine Bitte abzuweisen. Nein sagen Tipps

Die richtige Art und Weise

  1. Trennen Sie Person und Anfrage. Wenn Sie eine Anfrage ablehnen, dann achten Sie darauf, keine persönlichen Antipathien entscheiden zu lassen. Zugegeben, das ist eine harte Nuss. Nehmen Sie sich Zeit, sagen Sie nicht gleich zu oder ab. “Ich möchte darüber erst nachdenken. Ich sage Dir Bescheid”. Wichtig: benennen Sie einen verbindlichen Zeitpunkt für Ihre Antwort. Genauso vermeiden Sie, aus reiner Sympathie zu entscheiden – und doch wieder gegen besseres Wissen “Ja” gesagt zu haben.
  2. Erklären Sie warum. Auch dafür brauchen Sie vielleicht am Anfang noch Zeit, damit Sie nicht in Ausflüchte und ellenlange Entschuldigungen flüchten. Nachvollziehbare Gründe dagegen stärken Ihren Entschluß. Vor allem auch vor sich selbst, denn ganz sicher werden Sie hin und wieder Grübeln kommen, ob Sie nicht doch hätten zusagen sollen. Zudem wird für den anderen deutlich, dass Sie nicht die Person selbst ablehnen.
  3. Standhaft bleiben. Manche Menschen sind hartnäckig. Vielleicht ahnen Sie bereits beim Ihrem ersten “nein”, dass der andere nicht so leicht lockerlassen wird. Hier hilft einerseits die “So tun als ob”- Methode. Was Ihr Gegenüber kann, können Sie auch. Dem anderen scheint es ja auch egal zu sein, wie seine Beharrlichkeit bei Ihnen ankommt. Also: machen Sie es ihm oder ihr nach. Folgender Satz könnte Ihnen helfen “Ich weiß, Du bist hartnäckig und ich habe von Dir gelernt. Meine Entscheidung steht fest.”
  4. Warten Sie nicht. Melden Sie sich in einer Besprechung, nicht als Letzter oder Letzte mit Ihrem “nein”. Wenn Sie abwarten, ob nicht doch noch jemand die Aufgabe übernimmt, sind Sie womöglich doch wieder in Zugzwang. Nein sagen Tipps

Freuen Sie sich über die überraschten Gesichter von Kollegen, Vorgesetzten, Freunden und Nachbarn. Sie sind gerade dabei eine neue Facette an Ihnen kennenzulernen. Wenn Sie respektvoll und zugewandt bleiben, wird das eine Bereicherung für Ihre Beziehungen sein. Nein sagen Tipps

Göran Askeljung

Über den Autor Göran Askeljung

Prof. (op) Göran Askeljung – BcEE, ist Business Trainer bei askeljung.com und Geschäftsführer und Senior Trainer bei immediate effects. Seit 2016 ist Göran Askeljung auch Certified Facilitator und Associate von Consensus in NY, und leitet Consensus Austria und Germany. Als Professor of Practise (op) am Georgian School of Management (GSOM) leitet er das Institut für Sales and Negotiations. Er ist Vorstandsmitglied in der Schwedischen Handelskammer in Österreich und Mitglied des Beirats von Wirtschaftsforum der Führungskräfte (WdF). Göran ist auch als Trainer, Coach und Consultant für Consensus Group (NY, US), The Forum Corporation (UK), eBda (Fr) undNapier Training Associates (UK) tätig. Er ist zertifiziert im Solution Selling® von der SPI University in USA. Seine Arbeit umfasste Tätigkeiten als Trainer und Coach für Produktivität, Verkauf, Vertriebsmanagement, Key-Account Management, Lösungsvertrieb, Verhandlungstaktik, Verhandlungsführung, Rhetorik und Präsentationen. Göran wurde 1967 in Schweden geboren und lebt seit 1990 in Wien. Er spricht fließend Deutsch, Englisch und Schwedisch. Lebenslauf und Werdegang: Oxford Encyclopedia | LinkedIn | XING