Kein Mangel an Mängeln

Wir Menschen sind Mangelwesen. Es gibt immer etwas, das wir an uns verbessern können. Manchmal auch wollen. Das ist gut so. Denn wäre es anders, wir säßen immer noch in Höhlen, die Männer gingen auf Mammutjagd und die Frauen würden sich um den Höhlenhaushalt kümmern. Nein, eigentlich würden wir dann noch nicht einmal aufrecht auf zwei Beinen durchs Leben gehen.

Aber sehen wir uns einmal die Entwicklung der letzten Jahrzehnte an. Früher gab es einfach ein paar Pioniere, die sich um Verbesserung und Fortschritt (ist ja nicht immer das Gleiche) sorgten. Die große Mehrheit ging einfach mit und machte es sich zunutze, wie sich das Leben und der Alltag allmählich verbesserte. Sei es die Medizin, sei es die Mobilität, die Bildung, oder oder oder. selbstoptimierung

Wo kommt das Mangelempfinden her?

So wie wir heute leben und uns selbst in unserer Umwelt erleben, scheinen wir aber als Person ständig gefordert uns zu optimieren. Der Anstoß für den Wunsch nach Verbesserung kommt dabei oft von außen. Es können gut gemeinte, aber nicht erwünschte Ratschläge von Freunden sein, es kann ein Trendthema sein, das von den Medien über lange Zeit besetzt wird oder ein neues Gerät, dass auf den Markt kommt. Schon wird ein Mangelempfinden kreiert das, einmal im Kopf, von dort nicht so schnell verschwindet.

Wir alle wissen, dass die Industrie ein ganz dickes Geschäft mit unseren Selbstzweifeln macht: neue Sportgeräte, Superfoods, Ratgeberbücher – achten Sie einmal darauf, wenn Sie unterwegs sind: wieviel Werbung begegnet Ihnen, die Ihnen weismachen möchte, dass es doch noch besser ginge? Selbst die Familie, die sich glücklich Schokopralinen teilt, fragt uns: “Na, seid ihr auch so eine glückliche, ausgelassene Familie?” selbstoptimierung

Also gar keine Ziele?

Wenn ich all diesen Botschaften wirklich ernsthaft nachgehen wollte, hätte ich keine Zeit mehr zu arbeiten. Aber soll ich deshalb keine Ziele haben? Mich für nichts anstrengen? Nicht an meiner Persönlichkeit arbeiten?

Bloß nicht! Wir brauchen Ziele und es ist gut, wenn wir uns verbessern wollen. Es ist gut für uns, für die die mit uns leben und arbeiten und es ist gut für die Gemeinschaft. “Sich zu verbessern, ist elementar”, sagt der Wirtschaftsjournalist Enno Park in seiner Verteidigung der Selbstoptimierung. Nur wann ist es sinnvoll und wann fangen wir an kontraproduktive Selbstzerfleischung zu betreiben? selbstoptimierung

Die Kunst zu erkennen

Das herauszufinden ist einfach und schwer zugleich. Es gibt diese wahnsinnig zufriedenen Menschen (nein, ich meine nicht selbstzufrieden), die fast wie von selbst ihre Aufgaben vorantreiben. An ihnen ziehen die meisten Trendthemen vorbei und sie hegen keine Selbstzweifel, sondern sind angetrieben vom Wunsch etwas zu verbessern. Besonders wichtig scheint mir, dass sie bereit sind sich anzustrengen. Damit haben sie etwas essentielles erkannt: es gibt keine Instant-Erfolge.

Ich bekomme keine glückliche, ausgelassen Familie, nur weil ich eine bestimmte Schokolade kaufe. Ich werde nicht auf Knopfdruck energiegeladen, nur weil ich morgens ein Superfood-Müsli esse. Ich werde nicht entspannt, weil ich mir eine Massagematte zulege. Ich werde nicht schlank, weil ich mir einen Heimtrainier zulege. Das können Anfänge sein (bis auf die Schokolade). Gute Impulse, um mein Ziel zu verfolgen. Nur, wer sich von den Versprechen einfangen lässt, springt von Projekt zu Projekt, gibt bei Widerstand auf und hat einen neuen Mangel entdeckt: die fehlende Willenskraft. Leider, dafür gibt es keine schnell wirkende Pille. selbstoptimierung

Ohne Anstrengung klappt’s nur im Fernsehen

Und damit sind wir beim Kern: für welches Ziel bin ich bereit mich anzustrengen? Welches Ziel möchte ich langfristig verfolgen? Natürlich wären wir alle gerne schlank, erfolgreich, in einer glücklichen Beziehung und hätten gerne einige spannende Hobbys. Und im Fernsehen klappt das ja auch. Der Prototyp eines Werbespots ist in meiner Erinnerung der einer Kaffeemarke.

Die Frau in dem Spot schafft einfach alles – und das nur, weil sie diesen tollen Kaffee trinkt. Es gibt ganz sicher Menschen, die so einen Lebensstil führen und daraus Energie und echte Zufriedenheit schöpfen. Aber ich behaupte mal, es ist nicht die Mehrheit. Ich finde es nicht verwerflich, wenn man den Versprechungen der Kaffeemarke glaubt. Aber irgendwann ist es an der Zeit, sich davon frei zu machen. So können wir auch die Wünsche wahrnehmen, die wirklich mit uns zu tun haben. Dann haben wir das Gebiet der wahllosen Selbstoptimierung verlassen und das der inneren Karriere betreten. selbstoptimierung

Göran Askeljung

Über den Autor Göran Askeljung

Prof. (op) Göran Askeljung – BcEE, ist Business Trainer bei askeljung.com und Geschäftsführer und Senior Trainer bei immediate effects. Seit 2016 ist Göran Askeljung auch Certified Facilitator und Associate von Consensus in NY, und leitet Consensus Austria und Germany. Als Professor of Practise (op) am Georgian School of Management (GSOM) leitet er das Institut für Sales and Negotiations. Er ist Vorstandsmitglied in der Schwedischen Handelskammer in Österreich und Mitglied des Beirats von Wirtschaftsforum der Führungskräfte (WdF). Göran ist auch als Trainer, Coach und Consultant für Consensus Group (NY, US), The Forum Corporation (UK), eBda (Fr) undNapier Training Associates (UK) tätig. Er ist zertifiziert im Solution Selling® von der SPI University in USA. Seine Arbeit umfasste Tätigkeiten als Trainer und Coach für Produktivität, Verkauf, Vertriebsmanagement, Key-Account Management, Lösungsvertrieb, Verhandlungstaktik, Verhandlungsführung, Rhetorik und Präsentationen. Göran wurde 1967 in Schweden geboren und lebt seit 1990 in Wien. Er spricht fließend Deutsch, Englisch und Schwedisch. Lebenslauf und Werdegang: Oxford Encyclopedia | LinkedIn | XING